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Teil 3 Unseres Nähtreffens in Bayern: zwischen Maßband, Maßarbeit und Mittagstisch

Aktualisiert: 31. März


An Tag 3 wurde nicht nur genäht, sondern auch viel gelacht, angepasst, umgedacht – und ganz nebenbei gab’s wieder diese kleinen Geschichten, die einfach das Leben selbst schreibt.


Ein besonderes Projekt unseres Nähtreffens in Bayern war die Schnittanpassung eines Kleids für eine unserer Nähfreundinnen mit ausgeprägter Skoliose. Der erste Versuch zeigte die typischen Herausforderungen: Das Kleid war vorne länger als hinten, die Seitennähte liefen sichtbar schräg – kurzum: Das Gesamtbild stimmte nicht. Gemeinsam haben wir den Schnitt überarbeitet – und das Ergebnis kann sich sehen lassen! Im Blog zeige ich euch auch Fotos, auf denen man deutlich erkennt, was verändert werden musste, damit das Kleid richtig sitzt. Ihre Freude darüber war ehrlich und greifbar – ein stiller Gänsehautmoment.



Papier- und Folien-Schnittmuster übereinandergelegt, beschriftet mit „Chloe hinten“ und „Änderung unterhalb der Taille“. Deutlich zu erkennen ist eine Asymmetrie – die linke Seite ist schmaler gezeichnet als die rechte, um eine ausgeprägte Skoliose auszugleichen. Fixiert mit Nähgewichten.
Papier- und Folien-Schnittmuster übereinandergelegt, beschriftet mit „Chloe hinten“ und „Änderung unterhalb der Taille“. Deutlich zu erkennen ist eine Asymmetrie – die linke Seite ist schmaler gezeichnet als die rechte, um eine ausgeprägte Skoliose auszugleichen. Fixiert mit Nähgewichten.


Vergleich von altem und angepasstem Schnittmuster für das Vorderteil eines Kleides. Die Korrekturen gleichen einen 5 cm Höhenunterschied der Schultern aus. Die Linien zeigen klar die nötigen Anpassungen. Ebenfalls fixiert mit Gewichten zur besseren Sichtbarkeit.
Vergleich von altem und angepasstem Schnittmuster für das Vorderteil eines Kleides. Die Korrekturen gleichen einen 5 cm Höhenunterschied der Schultern aus. Die Linien zeigen klar die nötigen Anpassungen. Ebenfalls fixiert mit Gewichten zur besseren Sichtbarkeit.

Und als sie per Video mit ihrer Schwester telefonierte, war das Erste, was von der anderen Seite kam: „Wow, du schaust richtig gut aus!“ Ein Satz, der mitten ins Herz traf. Man hat ihr angesehen, wie gut ihr diese Woche tut. Die Zeit, die sie nur für sich hat. Die kleinen Erfolge. Die Leichtigkeit in ihrem Blick. Es war ein wunderschöner Moment.


Und zwischendurch – immer wieder – diese kleinen, ehrlichen Gesten:

Dankeschöns für die Unterstützung, für die Möglichkeit, hier dabei sein zu dürfen. Viele sagen mir, wie schön es ist, dass wir das machen, dass ich helfe, dass ich da bin.


Ehrlich gesagt: Solches Lob ist mir oft richtig unangenehm. Ich kann nicht gut damit umgehen. Ich freue mich, wenn ich helfen kann – aber ich möchte das nicht als etwas Besonderes verstanden wissen, sondern als ein gegenseitiges Miteinander. Nicht ich für die anderen, sondern wir alle für- und miteinander.


Und ja – auch ich wachse an diesen Tagen. An den Herausforderungen, an den Gesprächen, am gemeinsamen Tun. Ich lerne weiter – gerade wenn es darum geht, Schnitte anzupassen oder auf besondere Körperformen einzugehen. Das ist nicht nur ein Gewinn für andere, sondern auch ganz klar ein Gewinn für mich und mein kleines Business.

Vielleicht ist genau das die eigentliche Stärke dieser Woche: Dass niemand im Mittelpunkt steht – und trotzdem jede gesehen wird.


Das war auch von Anfang an die Idee hinter dieser Woche: sich gegenseitig helfen, Erfahrungen teilen, sich stützen bei kniffligen Nähprojekten – und vor allem Zeit haben. Zeit für sich. Zeit für Austausch. Zeit für Freude.



Der Hosengrundschnitt wurde heute finalisiert – und daraus entstand auch eine ganz normale, tragbare Hose, mit der die Nähfreundin nun überglücklich ist.

Leider habe ich hier vergessen, ein Foto zu machen.


Ich habe außerdem beim Anpassen eines bestehenden Hosenschnitts geholfen, damit daraus eine schmal geschnittene Jeggings entstehen kann – auch das lief wunderbar.


Und dann war da noch die Sache mit dem Cardigan. Eine Freundin hatte den Schnitt von einem Cardigan abgenommen, doch das fertige Stück saß sehr eng – besonders an den Armen. Zufall oder Fügung: Die Jacke passte perfekt einer anderen Nähfreundin, die den Probestoff dafür zur Verfügung gestellt hatte.

Jetzt fährt sie mit einem fast fertigen, leichten Cardigan nach Hause.

Diese Freundin näht sowieso mit einer beneidenswerten Ruhe und einem klaren Fokus an ihrer Sommergarderobe – ganz ohne Hektik, ganz bei sich. Heute habe ich erfahren, wie viele kreative Hobbys sie hat: Plotten mit Strasssteinen und Folien, Stricken, Gießen mit Reisin oder Gipsmasse, und sie ist auch in einer Taschengruppe aktiv. So viele Facetten – so viel kreative Energie.


Auch kulinarisch gab’s heute Abwechslung. Zum ersten Mal ging’s fürs Mittagessen hinunter in die Gaststube. Unsere Ostfriesin marschierte zielsicher voran und begrüßte die bayerischen Herren am Nachbartisch mit einem fröhlichen „Moin!“ – der Blick der Runde: unbezahlbar.

Man sagt ja, alles nördlich des Weißwurst-Äquators ist für echte Bayern fremdes Terrain. Wir mussten herzlich lachen – und die Herren auch. Es dauerte nicht lange, bis sie bemerkten, dass wir zum Lachen nicht in den Keller gehen.


Ein besonderes Lob haben heute übrigens auch wieder die kulinarischen Genüsse bekommen – und damit mein Lebensgefährte, der uns hier mit so viel Liebe und Ruhe versorgt. Die Nähfreundinnen sind begeistert vom Essen und der Gastfreundschaft,

und das freut mich natürlich riesig für ihn.

Es ist schön zu sehen, wie sehr diese Details die Atmosphäre prägen – und dass auch seine Unterstützung so geschätzt wird.


Am Abend mussten wir etwas früher zusammenräumen – die Blaskapelle hatte zur Probe geladen, und unser Nähraum verwandelte sich kurzerhand in ein Probenzimmer. Auch das sorgte für Gelächter und ein paar spontane Takte Musik im Kopf.


Ein kleines, aber wichtiges Ritual ist auch unser tägliches Zoom-Gespräch mit einer lieben Nähfreundin, die leider nicht dabei sein kann, weil sie derzeit im Krankenhaus ist. Wir versuchen, sie so gut es geht teilhaben zu lassen – erzählen ihr die Highlights, teilen den Trubel und die schönsten Momente. Auch sie lacht mit, teilweise mit Tränen in den Augen. Das zeigt: Nähe geht auch digital – wenn sie von Herzen kommt.


Man merkt inzwischen deutlich, dass diese Woche auch fordert. Wir verbringen fast zwölf Stunden am Tag miteinander, mit Nähen, Anpassen, Plaudern, Essen, Lachen – natürlich gibt es auch Pausen, aber es ist eine intensive Zeit. Für manche ungewohnt, für andere Alltag – für alle eine besondere Erfahrung.

Ich kenne das, ich arbeite viel – aber diese Woche ist für mich nicht nur Herausforderung, sondern vor allem eins: Freude.


Ein kurzer Gedanke zum Schluss:


Was mich heute wieder besonders berührt hat, ist dieses selbstverständliche Miteinander: Kaum jemand hat alles dabei – aber irgendwer hat immer genau das, was fehlt.

Ob Garn, Schrägband, Stoffreste oder Tesafilm – es wird geteilt, geliehen, verschenkt. Ohne Zögern, ohne Kleinlichkeit, einfach mit dem Herzen. Es ist dieses stille Einverständnis unter uns:

Ein Geben und ein Nehmen. Völlig ausgeglichen.



Ein kleiner Ausblick auf morgen:


Der morgige Tag wird etwas anders aussehen – das Gasthaus hat Ruhetag,

deshalb nähen wir vormittags noch in Ruhe fertig, bevor wir uns auf den Weg nach Landshut machen. Dort steht ein Besuch im Stoffgeschäft an:

Nähbedarf, Zubehör, Schrägband – das, was uns noch fehlt, vor allem für die noch nicht ganz fertige Weste einer Nähfreundin.


Danach fahren wir weiter nach Geisenhausen in den Concept Store „Zamgwürfed“, wo ich meine Produkte verkaufe und im Verkauf mitarbeite. Außerdem geben hier meine Freundin Derya und ich Nähkurse für Kinder und Erwachsene.

Viele haben den Laden bisher nur aus Erzählungen oder Zoom-Meetings gekannt – morgen können sie ihn live erleben. Den Tag wollen wir dann ganz entspannt beim gemeinsamen Essen beim Chinesen ausklingen lassen.


Zum Abschied dieses Tages:

Es sind die kleinen Erfolge, das Miteinander und das Lachen zwischendurch, die diesen Tag zu etwas Besonderem gemacht haben.



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